Transcription of the letter | "[...] es war sehr lieb, dass Sie die Partitur von ´Gilgamesh´ an Martinu geschickt haben. Wir hatten ihm allerdings auch inzwischen schon einen Abzug zugesandt. Die Arbeit an der grossen Partitur verzögert sich dadurch nicht.
Wenn Sie in meinem früheren Brief nachlesen, werden Sie finden, dass ich Ihnen zuerst die Zusendung der Partitur des zweiten Teiles zugesagt hatte. Aus Gründen der Einteilung der Herstellung wurde dieser Teil zuerst in Angriff genommen. Diese Partitur ist am 5. April abgegangen, müsste also inzwischen wohl bei Ihnen angekommen sein.
Wahrscheinlich haben Sie Recht, wenn Sie wegen der Besetzung der verschiedenen kleinen Soli selbst die Entscheidung treffen. Immerhin hatte ich Martinu bereits geschrieben und ich werde Sie sofort informieren, wenn ich seine Antwort habe.
Die Vorstellung einer halbdramatischen Aufführung, die Martinu hat, dürfte in Europa tatsächlich schwierig zu verwirklichen sein. Ich vermute, dass Martinu in den USA einige Konzertaufführungen von Opern gesehen hat, wie z.B. die Aufführung des ´Wozzeck´ unter der Leitung von Mitropoulis, bei denen die Sänger eine gewisse mimische Aktion durchgeführt haben. Diese Art der Darstellung scheint sich dort sehr bewährt zu haben. Es entspricht allerdings nicht ganz unseren Vorstellungen von einer konzertanten Wiedergabe. Wenn Sie immerhin sich vergägenwärtigen, wie Irmgard Seefried Lieder singt, und in dieser Linie nur nch einige Schritte weitergehen, so ist bereits das erreicht, was Martinu sich vorstellt.
Ich glaube allerdings, dass in Basel diese Art der Darstellung doch gewagt wäre und eher lächerlich wirken als dem Werk nützen würde. Ich glaube daher, dass Sie durchaus Recht haben, wenn Sie bei dieser Aufführung von der Vorschrift Martinus abweichen, die wir vielleicht überhaupt lieber als eine Möglichkeit, nicht als bindend ansehen möchten. Immerhin wäre es vielleicht gut, dies Martinu mitzuteilen. Er ist, glaube ich, sachlichen Einwänden gegenüber nicht verschlossen. [...]"
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